Foto: Das Mahnmal von Meide Büdel auf dem Gelände des heutigen Bezirksklinikums
Was ist in der Ansbacher Heil- und Pflegeanstalt zwischen 1934 und 1945 passiert? Was haben die Nationalsozialisten dort den behinderten Menschen angetan?
Die BAP hat sich bei ihrem Montagstreffen Anfang Februar 2024 intensiv damit beschäftigt. Herr R. Lauermann wurde zur BAP eingeladen und er hat dazu umfangreiches Material zur Verfügung gestellt.
Nachdem der Bezirk (damals Provenziallandtag) ein großes Gelände von der Stadt Ansbach im Jahr 1899 gekauft hatte, wurde dort in den folgenden Jahren Gebäude errichtet und die Ansbacher Kreisirrenanstalt (später Heil- und Pflegeanstalt Ansbach) eröffnet und in den folgenden Jahren ausgebaut.
Am 1. Juli 1938 wurde Dr. Herbert Schuch zum ärztlichen Direktor berufen. Er wurde Nachfolger von Dr. Rudolf von Hößlin.
Am 14.Juni 1934 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchs“ verabschiedet. In den Jahren 1934 bis 1943 wurden in Ansbach 329 Personen sterilisiert (meist wegen einer Diagnose Schizophrenie). Die Sterilisation fand im Ansbacher Krankenhaus (241) statt. Vor Kriegsbeginn wurden in der Heil- und Pflegeanstalt zur Psychosebehandlung Insulin- und Cardiazolbehandlungen durchgeführt, die ab 1940 eingestellt wurden.
In den Frühjahr- und Sommermonaten 1939 begann eine Gruppe von Planungsbeauftragten, eine geheime Aktion zur Tötung behinderter Kinder zu organisieren. Die Gruppe wurde von Philipp Bouhler, dem Direktor der Privatkanzlei Hitlers, und Karl Brandt, dem Leibarzt Hitlers, geleitet. Die Verantwortlichen gingen rasch dazu über, das Tötungsprogramm auch auf erwachsene Behinderte auszudehnen, die in Einrichtungen untergebracht waren. Im Herbst 1939 unterzeichnete Adolf Hitler eine Geheimvollmacht (genannt T4).
T4 steht für Tiergartenstraße 4 in Berlin. Das ,,Euthanasieprogramm“ wurde bis in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs fortgesetzt und auf immer breitere Zielgruppen ausgedehnt, darunter Geriatriepatienten, Bombenopfer und ausländische Zwangsarbeiter. Historiker schätzen, dass dem ,,Euthanasieprogramm“ insgesamt 250.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.
Die Einbeziehung der Ansbacher Anstalt in die Aktion T4 erfolgte im Sommer 1940.
Unter der Leitung von Dr. Theodor Steinmeiyer, der nicht zum Klinikpersonal gehörte, wurden die Krankenakten gesichtet und etwa 4 Wochen später der Anstalt eine Transportliste mit den Namen von 200 Kranken übermittelt, mit der Aufforderung, die Patienten zum Abtransport bereitzuhalten. Zwischen Oktober 1940 und April 1941 wurden insgesamt 889 Patienten aus der Ansbacher Anstalt in Tötungsanstalten (Hartheim bei Linz an der Donau und Pirna-Sonnenstein bei Dresden) verlegt und mit CO vergast. Viele davon wurden kurz vorher von anderen Einrichtungen (z.B. Bruckberg, Bayreuth, Polsingen) nach Ansbach verlegt.
Die Pflegekosten und damit auch die Ernährungsversorgung wurden seit 1933 immer wieder gesenkt. 1941/1942 wurde der „Hungerkost-Erlaß“ eingeführt. Hier wurden arbeitsfähigen Patienten eine A-Kost und allen anderen eine B-Kost zugestanden, die dazu führte, dass die betroffenen Patienten langsam verhungerten. 2130 Menschen wurden zwischen 1941 und 1945 durch Vergiftung und Verhungern ermordet.
Ab 1941 wurden auch Kinder in der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach aufgenommen und nach einem zweifelhaften „Gutachten“ eine Tötungsermächtigung ausgesprochen. Von den 306 aufgenommenen Kindern (davon viele aus Polsingen und Bruckberg) verstarben 178 in Ansbach. Die meisten von ihnen wurden wahrscheinlich in Ansbach durch Medikamente getötet.
Insgesamt haben die Nazis in Ansbach durch diese Barbarei mindestens 3022 behinderten Menschen das Leben genommen
Keiner der Verantwortlichen für die Ermordung der Kinder in Ansbach wurde verurteilt. Dr. Asam-Brückmüller wurde 1946 durch den amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg als Zeugin vernommen. Im Jahr 1947 begann die Staatsanwaltschaft München mit Ermittlungen gegen Dr. Schuch, die bereits ein Jahr später eingestellt wurden. Die Begründung der Staatsanwaltschaft gibt zu erkennnen, dass dem Beschuldigten umstandslos geglaubt wurde.