Antrag Blühflächen

An die                                                                                                                                     Ansbach, 12.09.2016
Oberbürgermeisterin
Carda Seidel
Stadthaus
91522 Ansbach

Blühflächen

Anträge:

Die BAP beantragt zur Verbesserung der Bedingungen für Vögel und Insekten folgende Maßnahmen durchzuführen:

Einige Teile von im Stadteigentum befindlichen Ackerflächen sollen in Blühflächen umgewandelt werden (Verzicht auf Verpachtung oder Vereinbarung mit Pächter).
Verschiedene innerstädtische Grünflächen (z,B. Bushaltestelle Welserstraße, alte Arbeitsamt) sollen mit geeignetem Saatgut in eine „blühende Landschaft“ verwandelt werden.
Einige städtische Grünflächen (z.B. Streuobstwiesen, sonnige Hangflächen oder Waldränder außerhalb von Straßenrandstreifen) sollen ökologisch sinnvoll bewirtschaftet werden (z.B. alternierende Mahdzeitpunkte, Balkenmähwerk und Entfernung des Mähgutes).
Entwicklung bestehender Hecken (z.B. Rezatparkplatz) und Neuanlage als Vogelschutzhecke (entlang von Gemeindeverbindungsstraßen).
Erhalt innerstädtischer Biotope als Nahrung- und Brutbiotop für die heimische Vogelwelt (z.B. am Rande von geplanten Baugebieten Tennishallen, Schlachthof, Strüther Berg) durch eine entsprechende Festlegung im Bauleitverfahren.
Die Entsiegelung von Flächen (z.B. nicht überfahrbare Aufpflasterungen, Verkehrsinseln) zum Zwecke der Begrünung mit blühenden Elementen soll geprüft werden
Um eine schonende Bewirtschaftung dieser Flächen sicherzustellen wird ein Balkenmähwerk als Anbaugerät angeschafft und dafür Mittel im Haushalt 2017 eingeplant

Zu den Anregungen soll bis zum Februar 2017 ein Umsetzungskonzept unter Beteiligung des Umweltamtes, der Imker, dem BN und dem LBV erstellt werden.

Begründung:

Biodiversität

Mit der Unterzeichnung der Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ durch die Oberbürgermeisterin und einem einstimmigen Stadtratsbeschluss ist die Stadt auch eine Handlungsverpflichtung eingegangen. So lautet der 4. Spiegelstrich zu I. Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich: „Naturnahe Pflege öffentlicher Grünflächen u.a. mit weitgehendem Verzicht auf Pestizide und Düngung und Reduktion der Schnittfrequenz (ökologisches Grünflächenmanagement)“

Insektensterben und Bedrohung der Vogelpopulationen

Naturschutzverbände warnen vor einem Insektensterben mit bislang unbekannten Folgen in Deutschland. In den vergangenen 15 Jahren ist die Biomasse der Fluginsekten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen. Auch die „Honig“-Biene ist durch Umwelteinflüsse (Spritzmittel, „moderne“ Mähgeräte und industrielle Landwirtschaft) stark bedroht. Viele Schmetterlingsarten sind so rar geworden, dass sie kaum jemand mehr zu Gesicht bekommt. Seit etwa 200 Jahren werden in einem Naturschutzgebiet nahe dem bayrischen Regensburg Schmetterlingsarten gezählt. Zwischen 1840 und 1880 wurden durchschnittlich 117 Arten gezählt. Zuletzt waren es nur noch 71. Besonders betroffen sind Schmetterlingsarten, die an einen bestimmten Landschaftstyp oder eine spezielle Nahrungsquelle gebunden sind.
Den Trauermantel gibt es in unserer Gegend kaum mehr. In einigen Gegenden in Schweden ist er noch häufig anzutreffen. Karden am Wegrand locken viele Insekten und Schmetterlinge an.

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft trägt viel dazu bei, dass nicht nur die Insekten, sondern auch unsere Vögel bedroht sind. In Deutschland werden Ackerbauflächen vielfach als Monokulturen betrieben. Spritzmittel machen Insekten und Wildkräutern den Garaus und entziehen Brutvögeln damit ihre Nahrungsgrundlage. Die Zunahme der intensiven Landwirtschaft und zahlreiche Agrargifte bedrohen vor allem Arten, die das Grünland besiedeln, wie Kiebitz oder Wiesenpieper. Dem Brachpieper ist in Bayern dadurch Lebensraum und Nahrungsgrundlage entzogen worden – so gründlich, dass er bei uns jetzt ausgestorben ist.

Wenn die Fluginsekten fehlen, gerät die gesamte Nahrungskette in Gefahr: Blumen und Bäume werden nicht mehr bestäubt und vielen Vögeln fehlt die Nahrungsgrundlage.
Britische Forscher haben bereits 2014 Alarm geschlagen und ermittelt, dass sich die Anzahl der Vögel in den letzten 30 Jahren mehr als halbiert hat.
Die Rote Liste für Brutvögel in Deutschland wurde jetzt im Sommer 2016 aktualisiert (letzter Stand 2007). Von den 210 Brutvögel-Arten, die in Bayern beheimatet sind und in der Roten Liste begutachtet wurden, sind fast die Hälfte auf der Roten Liste, weitere zehn Prozent auf der Vorwarnliste. Bereits 17 Vogelarten sind nach dem aktuellsten Datenstand in Bayern bereits ausgestorben, darunter auch erstmals der Brachpieper. Weitere 28 Vogelarten sind laut der neuen Roten Liste der Brutvögel in Bayern vom Aussterben bedroht. Nicht einmal die Hälfte der Vogelarten gilt als ungefährdet. Besonders erschreckend: Gerade einstmals weit verbreiteten Vögeln wie Spatz oder Feldlerche geht es zunehmend schlechter.
Auch der Mittelspecht ist inzwischen selten geworden. Stare sind noch relativ häufig anzutreffen (Bilder aus dem Ortsteil Wallersdorf)

Ländliche und städtische Blühflächen

Blühflächen sollen sowohl Nektar und Pollen für blütensuchende Insekten liefern, als auch Struktur, Deckung und Äsung für Wildtiere bieten. Im ländlichen Bereich sollen Mischungen (z.B. KULAP-Blühmischungen oder „Mischung Blühende Landschaften“ von Rieger-Hofmann) mit ein- und mehrjährigen Arten verwendet werden, die im ökologischen Kreislauf eine bedeutende Rolle spielen.

Im innerstädtischen Bereich sind schon aufgrund der optischen Wirkung Mischungen ( mit erheblicher Blühkraft auch mit fremdländischen Arten erwünscht.
Blumen statt Pflasterflächen

Anstatt „Unkraut“ mühevoll zu entfernen, ist es durchaus überlegenswert manche Pflasterfläche im Straßenraum zu gestalten.
Verkehrsinseln können somit zu blühenden Flächen werden (Bilderbeispiele aus Burgbernheim und Bad Waldsee)

         

Pflege von Grünflächen

Für den Arten- und Biotopschutz ist entscheidend, wann, wie oft, wo und wie gemäht wird.
Randstreifen und Grünflächen mit Wiesenpflanzen sollten nicht während der Hauptblütezeit, sondern erst nach Abschluss der Grasblüte gemäht werden, die – je nach – Witterung und Höhenlage – etwa Mitte Juli zu erwarten ist. Hilfreich zur Wiederbesiedelung (Flora und Fauna) ist es wenn alternierend gemäht wird und Teile bis zum Herbst stehen bleiben. Ein zweiter Schnitt falls erforderlich erfolgt hier Ende Septem­ber.
Dagegen sollten krautreiche, rückwärtig liegende Böschungen und Gräben nur teilweise und nicht vor Ende September geschnitten werden. Dasselbe gilt für Magerrasen.
Fluren niederwüchsiger, einjähriger Kräuter, Hochstaudenfluren und Waldsäume sollten möglichst wenig gestört werden. Auch hier genügt eine alternierende zweijährige Pflege um eine Verbuschung zu vermeiden.
Wo immer das Gelände es zulässt, sollten Balkenmäher statt Schlagmäher benutzt werden, um sowohl Grasnarben nicht zu verletzen und – Blattrosetten zu erhalten als auch Tiere we­der zu verstümmeln noch zu töten. Die Grasnarbe soll dabei nicht beschädigt werden, deshalb ist beim Schnitt ein Bodenabstand von 5 cm bis 10 cm einzuhalten.

Beim Mähen ist Vorsicht und Sensibilität ge­boten.
Der Verzicht auf Düngung, auch nicht durch Mulchmaterial, ist entscheidend für die Entwicklung artenreicher Lebensräume. Zudem ist die Durchwurzelung von nährstoffarmen Standorten besser als von nährstoffreichen, weil die Pflanzen mit ihren Wurzeln tief in den Boden vordringen müssen, um ausreichend Nährstoffe zu finden. Düngung verschiebt das Verhältnis von unterirdischer Pflanzenbiomasse zu oberirdischer zugunsten der oberirdischen Biomasse, wodurch wiederum der Pflegeaufwand erhöht wird. Nährstoffarme Böschungen sind daher besser durchwurzelt und somit auch stabiler gegenüber mechanischen Belastungen wie Hochwässern.

Die Pflege erfolgt am besten durch Mahd, bei der anschließend das Mähgut getrocknet und entfernt wird. Auf ein Mulchen mit einem Schlegel- oder Saugmäher ist möglichst zu verzichten, da diese Pflegemethode zahlreiche (nahezu 100%) Kleintiere tötet. Die Pflegeintensität orientiert sich am Aufwuchs der Flächen, d.h. an der Nährstoffversorgung. Ideal ist ein Schnitt im Spätsommer oder Herbst, bei stärkerem Vegetationswachstum auch zwei Schnitte pro Jahr. Kleinere Bereiche, die nur alle zwei oder drei Jahre gemäht werden, fördern die Strukturvielfalt und damit die Artenvielfalt zusätzlich. In wichtigen Lebensräumen für Insekten ist eine zeitlich versetzte bzw. abschnittsweise Mahd ideal, da eine großflächige Mahd blütenbesuchenden Insekten schlagartig die Nahrungsgrundlage entzieht.

Naturnahe Hecken
Hecken bilden oft das Rückgrat ökologischer Flächen. Hecken schützen den Boden vor Erosion, sie dienen als Emissionsschutz und Windschutz. Hecken sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Siedlungslandschaft.
Blüten- oder Laubholzhecken, die im Wesentlichen aus Pflanzen der heimischen Umgebung bestehen, sollten sind ein wichtiger Lebensraum für viele Tierarten, gerade im bebauten Bereich. In einer naturnahen Hecke kann man bis zu 30 Straucharten, 12 Baumarten, über 100 Pflanzenarten der Krautschicht, 20 Säugetierarten, 30 Vogelarten dazu Eidechsen und Amphibien feststellen. Insgesamt können bis zu 1200 Tierarten (viele Insekten und Bodentiere) die Hecke als Lebensraum beanspruchen und bevölkern. Nicht nur für die Tierwelt ist die Hecke ein Lebensraum, sondern auch für uns Menschen.
Hecken am Straßen-, Parkplatzrand oder am Rand von Grünanlagen sollten mehrstufig zusammengesetzt sein. Bäume und höhere Büsche reichen von 3 – 5 m (Salweide, Haselnuss, Hainbuchen, Schwarzerle, Grauerle, Traubenkirschen, Mehlbeere, Feldahorn).
Haselnuss, Hainbuche, Feldahorn), den Bereich zwischen 0,5 – 3 m nehmen die niederen Büsche (Feldrose, Hundsrose, Schwarzdorn, Weissdorn, Pfaffenhütchen, Kreuzdorn, Hartriegel, Liguster, schwarzer Hollunder, wolliger Schneeball, Schleedorn). ein.

Pflege einer naturnahen Hecke
Die Pflege einer Hecke sollte möglichst schonend erfolgen. Einzelne Zweige und Äste werden bis auf den Boden abgeschnitten, so dass in der Hecke wieder Luft und Licht eindringen kann Einzelne Bäume und Büsche können bei einem zu dichten Bestand entfernt werden, andere werden aus- oder zurückgeschnitten. Beim Rückschnitt gilt bei der Naturhecke: Weniger ist oft mehr! Man sollte daran denken, dass die Hecke hauptsächlich Rückzugsort für eine große Anzahl von Tieren ist. Das heißt, einerseits nicht zu viel herausschneiden, damit der natürliche Schutz weiterhin gegeben ist, andererseits sollte der Schnitt erst erfolgen, wenn die tierischen Bewohner zum größten Teil wegen der kalten Jahreszeit ausgezogen sind bzw. die Jungen selbstständig und die (Vogel)Nester verlassen sind. Aufgrund des im Winter dürftigen Nahrungsangebotes sollte der Schnitt erst im Februar erfolgen. Ein solcher „Schnitt“ ist nur alle 2 – 3 Jahre notwendig. Ein weitergehender Pflegeschnitt der Naturhecke sollte abschnittsweise nur alle 5 bis 10 Jahre erfolgen. Abfallendes Laub bleibt zum großen Teil unter der Hecke liegen. Dieses Laub dient einmal zur Humusbildung und zum anderen als Lebensraum für viele Tierarten.

Zwei Beispiele (Triesdorfer Berg und Rezatparkplatz) wie eine Heckenpflege nicht aussehen sollten. Diese Hecken und Randbereiche sind zumindest für einige Jahre kein Hilfe für Vögel und andere Tiere. Hecken sollten möglichst über 2 Meter hoch sein, damit sie, insbesondere für Vögel einen angepassten Lebensraum darstellen und als Nahrungsbiotop geeignet sind.

Mittel

Die einmaligen Investitionskosten für die Anschaffung eines Anbaugerätes (Balkenmähwerk) liegen zwischen 9.000.- und 18.000.- Euro.
Der Mehraufwand für den Unterhalt (z.B. Verwertung Grüngut) wird zum Teil durch die Reduzierung des Mähaufwands ausgeglichen und kann auch mittels Pflegeverträgen mit Landwirten oder dem Maschinenring reduziert werden.

Hannes Hüttinger
BAP-Stadtrat